Freiwilligendienste und die Debatten um verpflichtende Dienste
7. April 2025FSJ Statistik 2023/24 veröffentlicht
24. April 2025Der jetzt vorliegende Koalitionsvertrag gibt vermutlich die Richtung für die nächsten vier Jahre vor. Die Freiwilligendienste finden an zwei Stellen Erwähnung. Der BAK FSJ hat sich den Vertrag von Union und SPD angeschaut und gibt eine erste Einschätzung.
Folgende Aspekte finden sich im Koalitionsvertrag zu den Freiwilligendiensten:
- Freiwilligendienste werden gestärkt, besser finanziert und überjährig gesichert. Die Struktur und die Plätze werden sukzessive ausgebaut. Dies entspricht den zentralen Forderungen der Träger und Verbände.
- Es werden mehr Finanzmittel für eine Erhöhung des Taschengeldes zur Verfügung gestellt. Auch das entspricht den zentralen Forderungen der Freiwilligen, Träger und Verbände.
- Der Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst (die Vision 2030) wird zwar nicht explizit genannt, ist an verschiedenen Stellen aber anschlussfähig.
- Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr findet sich im Vertrag nicht.
- Eine Wehrpflicht wird vorerst nicht eingeführt. Die Formulierung im Koalitionsvertrag, dass der Wehrdienst “zunächst auf Freiwilligkeit basiert“ lässt offen, ob ggf. zu einem späteren Zeitpunkt eine Wehrpflicht eingeführt wird.
- Ein neuer Wehrdienst – basierend auf dem von Verteidigungsminister Pistorius vorgeschlagenen schwedischen Modell – soll attraktiv ausgestattet werden. Im Koalitionsvertrag wird u.a. formuliert: “Wir orientieren uns dabei am schwedischen Wehrdienstmodell.” Die Voraussetzungen für „Wehrerfassung“ und „Wehrüberwachung“ sollen noch dieses Jahr geschaffen werden. Eventuell ergibt sich hier die Möglichkeit, dies mit Bausteinen des Rechtsanspruchs auf FWD zusammenzubringen (Brief an alle 17-Jährigen).
- Wie der avisierte neue Freiwilligendienst im Bevölkerungsschutz aussehen wird, ist noch unklar.
- Das freiwillige Handwerksjahr, das im Vertrag auftaucht, existiert in Schleswig-Holstein als Langzeitpraktikum. Es ist gegenwärtig mit den derzeitigen Voraussetzungen des JFDG / BFDG aufgrund der fehlenden Gemeinwohlorientierung nicht umsetzbar.
- Es wird die Stelle einer/eines Staatsministers*in für Sport und Ehrenamt im Kanzleramt eingerichtet. Die Bundesförderung des FSJ erfolgt auf der Basis des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, so dass wir mit einem Verbleib im Jugend- und Familienministerium rechnen.
- Alle Maßnahmen im Koalitionsvertrag stehen unter dem allgemeinen Vorbehalt der Finanzierbarkeit.
Einschätzung:
Wir sind insgesamt sehr zufrieden: Das Primat der Freiwilligkeit bleibt erhalten, die Freiwilligendienste sind im Vertrag in zwei Kapiteln explizit genannt und Maßnahmen zur Stärkung der Freiwilligendienste festgeschrieben. Dies und die Nichtnennung eines Pflichtdienstes / verpflichtenden Gesellschaftsjahres können als voller Erfolg unserer gemeinsamen Lobbyarbeit gewertet werden.
Textteile aus dem Koalitionsvertrag im Wortlaut:
1. in Kapitel 4.1. Familie, Frauen, Senioren und Demokratie (S. 104, Z. 3.327 – 3.332):
Freiwilligendienste: Wir stärken die Freiwilligendienste, stellen die überjährige Finanzierung sicher und bauen die Strukturen und Plätze sukzessive aus. Wir wollen einen Freiwilligendienst Bevölkerungsschutz implementieren, in den wir Modellprojekte des freiwilligen Handwerksjahres gemeinsam mit den Handwerkskammern integrieren. Wir wollen es Jugendlichen ermöglichen, sich unabhängig vom Geldbeutel der Eltern für einen Freiwilligendienst zu entscheiden. Wir wollen die Wohlfahrtsverbände bedarfsgerecht ausstatten.
2. in Kapitel 4.3. Kommunen, Sport und Ehrenamt (S. 118, Z. 3780-3785)
Attraktives Ehrenamt: Wir werden auch Möglichkeiten prüfen, ehrenamtliches Engagement für junge Menschen attraktiver zu machen und die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt zu verbessern. Für den Freiwilligendienst und das Freiwillige Soziale Jahr werden wir mehr Stellen und mehr Finanzmittel für ein höheres Taschengeld zur Verfügung stellen.
3. in Kapitel 5.1. Außen- und Verteidigungspolitik, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte (S. 130, Z. 4150-4154):
Wehrpflicht: Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert. Für die neue Ausgestaltung dieses Dienstes sind die Kriterien Attraktivität, Sinnhaftigkeit und Beitrag zur Aufwuchsfähigkeit leitend. Wertschätzung durch anspruchsvollen Dienst, verbunden mit Qualifikationsmöglichkeiten, werden die Bereitschaft zum Wehrdienst dauerhaft steigern. Wir orientieren uns dabei am schwedischen Wehrdienstmodell. Wir werden noch in diesem Jahr die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung schaffen.
4. in Kapitel 4.3. Kommunen, Sport und Ehrenamt (S. 118, Z. 3769-3770)
Staatsminister für Sport und Ehrenamt: Wir ernennen einen Staatsminister für Sport und Ehrenamt im Bundeskanzleramt.
Der gesamte Koalitionsvertrag steht hier zum Download bereit:
https://bak-fsj.de/wp-content/uploads/2025/04/Koalitionsvertrag-2025.pdf
Verbandliche Kommentierungen:
Presseportal: ASB reagiert mit Lob und Kritik auf Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen 2025 (11.04.2025)
Johanniter: Johanniter äußern sich zum Koalitionsvertrag (10.04.2025)
AWO: Schwarz-roter Koalitionsvertrag: AWO sieht Fehler, aber auch Chancen (10.04.2025)
Domradio: „Verstreute Vorhaben“ im Koalitionsvertrag (10.04.2025)
IB: IB zu den Auswirkungen des Koalitionsvertrags auf seine Arbeitsfelder (10.04.2025)
DOSB: Koalitionsvertrag: Verantwortung für ein fittes Deutschland (09.04.2025)